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Warum politische Statements und Spenden für mich eine Fußnote sind. Und keine Werbung.

Schön dass Du lesen kommst. 

Ich winde mich mit diesem Thema wie ein Fisch. Es fällt mir schwer, ich finde es wichtig. Oft gehört das zusammen.

Derzeit ist Moria in aller Munde. Kürzlich was es Black Live Lives Matter, davor der Klimawandel. Aber eigentlich findet ja alles gleichzeitig statt. Die Digitalisierung ist hier Fluch und Segen zugleich. Die Informationen waren noch nie so schnell: Es ist fantastisch, dass durch SoMe sehr schnell sehr viele Menschen von einem Missstand erfahren. Sich positionieren können, Reichweite nutzen um auf Themen aufmerksam machen zu können, letztlich auch - bitte!- wirklich helfen können. Aber so schnell wie ein Thema in aller Munde und auf vielen Screens ist, so schnell ist es dann auch wieder weg. Dabei ist es das ja gar nicht.

Die Zustände in Moria sind schon etliche Jahre unterirdisch, Rassismus permanent allgegenwärtig und naja- der Klimawandel hat auch nicht aufgehört, weil es einen Sommer einigermaßen geregnet hat. Oder Covid19 die Demos unterbrochen hat.

Man ist so schnell dabei, ein Bild zu posten. Einen Slogan, einen Hashtag. Ich habe richtig Angst davor. Denn mir ist, als wäre das auch dafür da, ein Thema für sich selbst 'zu erledigen'. Da ist nichts zu erledigen. Das ist zu gross. Die Aktionsform wird der komplexen Problematik nicht gerecht. 

Trotzdem- verstehe mich bitte nicht falsch!- finde ich das gut. Ich finde Internetaktivismus gut. Ich finde das zeitgenössisch und ein gutes, wichtiges Tool. Eins von vielen halt. 

Ich habe mich mit Moria nie befasst. Nie. Im Zuge der aktuellen Welle habe ich dazu gelesen. Ein bißchen. Das gibt mir nicht mehr als einen Abriß und eins ums andere Mal das Gefühl der Ohnmacht, der ohnmächtigen Lähmung ob der bodenlosen Mißstände auf der ganzen Welt. Zugleich das tiefe Empfinden dessen wie unglaublich privilegiert ich doch bin. Ich habe das schonmal an anderer Stelle gesagt und vor allem Unverständnis geerntet: Ich habe kein schlechtes Gewissen. Ich bin weiß, gesund, gebildet, reich. Ich gehöre keiner Minderheit an. Das ist für mich kein Grund ein schlechtes Gewissen zu haben. Auch nicht angesichts himmelschreiender Unterschiede im Lebensstandard auf der ganzen Welt. Der abgrundtiefen Ungerechtigkeit die darin wohnt. Das mag hier plakativ klingen. Aber, a b e r: Ich kann nicht glauben dass ich mir allein durch meine Geburt in eine Region hinein eine Schuld aufgeladen habe. Schuldig mache ich mich erst, wenn ich den Umstand ignoriere. Denn ich leite daraus eine Verantwortung ab. Die unbedingte Pflicht zur Reflektion. Den Auftrag das eigene Denken und Handeln angemessen ins Weltengeschehen einzugliedern. Die Notwendigkeit wahrzunehmen, welche Wirkung mein für mich ganz alltägliches Leben auf alles hat das mich nah und fern umgibt. Und verdammte Axt auch tätig zu werden. Mit Kleinigkeiten die meine persönliche Freiheit vielleicht durchaus etwas einschränken- denn ich denke wir kriegen den Kahn nicht gewendet ohne allesamt auf etwas zu verzichten-  die aber einen Mehrwert für das Ganze haben.  Ja, ich kann auch hier und da was posten. Mich praktisch engagieren irgendwo. Oder alles zusammen. Aber ich weiß auch dass alles seine Zeit hat und- die Einsicht fällt mir am schwersten- meine Möglichkeiten begrenzt sind. Aber eben doch nicht ganz so begrenzt, um sich nicht selbst am Schopfe zu packen.

Das mit dem Geld ist natürlich für die, die ähnlich sozialisiert sind wie ich, das Niedrigschwelligste. Um dafür einen angemessenen Rahmen zu finden mag ich das Modell von 'One percent for the planet'. Wir machen das so.

Heute launche ich in meinem Shop ein neues Produkt. Dieser Tage launchen viele Label neue Produkte, Kollektionen, Editionen. Mir wird dabei ganz mulmig. Darf ich das? Dürfen wir das? Gibt es denn nichts Wichtigereres auf der Welt? Und auch hier: Ja, ich mache das. Ich glaube ich bringe Schönes in die Welt. Und versuche damit umsichtig zu sein. Und nicht permanent ein schlechtes Gewissen zu haben. Aber eben die Möglichkeiten zu greifen die ich habe:

EDIT: Ich begrenze die Aktion auf alle Bestellungen bis 17.00 Uhr! Um nicht unternehmerisches Kamikaze zu betreiben. Danke dass Ihr den Aufruf so toll angenommen habt!!

Heute launche ich in meinem Shop ein neues Produkt. Das sind immer besonders umsatzstarke Tage. Davon gehen heute 30% an Moria. Werben will ich damit nicht. Weil ich nicht Trittbrettfahren will mit einem Thema das en vogue ist. (Weiß jemand eine weniger sarkastische Formulierung?) Weil ich finde dass Spenden dazugehört. Weil ich damit aber nicht die Sales-Maschine anschmeißen will. Und aber doch auch nutzen möchte dass es vielleicht Menschen gibt die von sich aus nicht spenden würden. Wohl aber wenn sie dafür was Schönes kriegen. Darum mache ich es vielleicht ein bißchen still (Fußnote statt Headline) aber eben auch nicht heimlich. 

Vielleicht glaubst Du mir nicht. Vielleicht denkst Du ich tu Gottweißwiereflektiert und will am End' einfach doch nur mehr verkaufen. Das finde ich dann schade, aber ich nehme es Dir nicht übel. Denn ich finde es ja selbst so schwierig da den richtigen Weg zu finden. Und letztlich bleibt es ein Lernen.

 

Danke für Deine Zeit!

Silvia/ (gold.)

P.S.: Solltest Du hier kommentieren wollen: Ich hab noch nicht herausgefunden wie ich auf Kommentare antworten kann. Ich lese grundsätzlich alle und schreibe gerne mit eigenem Kommentar zurück- bloß bekommst Du darüber keine Benachrichtigung. FYI.

 

8 Kommentare

Frau Gold

@Ni Na: Danke für Deinen Beitrag! Ich glaube ich kann verstehen was Du meinst. Ich kann auch mitgehen zu sagen, dass ich es notwendig finde mich deutlich zu positionieren. Immer wieder. Besonders heikel finde ich die Differenzierung im Unternemenskontext. Es fällt mir schwer eine echt coole politische Stellungnahme, die von einem international agierenden Unternehmen kommt, nicht in erster Linie als kapitalistischen Zug wahrzunehmen. Glecihzeitig freue ich mich über die Positionierung. (Zumal ich aus eigener Erfahrung weiß dass das immer Follower ‘kostet’. Im Unternehmenskontext dann Kund*innen.)
Aber ich habe Mühe damit zu sehen dass sich jede*r schuldig macht, die oder der nicht laut Stellung bezieht. Dafür ist meine Beziehung zum Wort ‘Schuld’ zu ungeklärt, außerdem kann ich grundsätzlich nicht Menschen in ihrem Handeln über einen Kamm scheren und verurteilen. Anhänger*innen von irgendwelchen *ismen die mit ihrem Denken oder Handeln denen die nicht ihrer Gruppe angehören schaden mal ausgenommen.
Ich hoffe meine Reaktion ist für den Moment ausreichend durchdacht.

Zum Thema der Spendensumme: Ich bin in der doofen Situation nicht meine Finanzen als Gründerin offen legen zu wollen, gleichzeitig aber transparent machen zu wollen wieviel Geld mit euer aller Hilfe wohin gegangen ist. Vielleicht ist der Rahmen hier als Kommentar OK: Ich habe aufgerundet und konnte somit 700.- gestern Abend an #leavenoonebehind senden.
Viele Grüße, Silvia/ (gold.)
Ni Na

Ich möchte gerne einen Gedanken zu deinem Beitrag ergänzen, der mich nicht loslässt.
Wichtig ist es mir anzumerken, dass Hilfe niemals eine Fußnote sein sollte und der Aktionismus auch nicht auf Schuld aufbauen muss oder soll, das wird halt sehr unterschiedlich empfunden. Für meinen Teil sehe ich meine privilegierte Situation als Pflicht mich für marginalisierte Menschen einzusetzen, und das vor allem laut, tue ich dies nicht, dann mache ich mich für mein Empfinden schuldig. Natürlich spende und helfe ich auch leise.
Das Ego oder Werbung sollte da nicht im Mittelpunkt steht. Unser Einsatz für schwächere Menschen sollte so laut wie möglich sein, das ist für mich die wirkliche Unterstützung, nur dann kann die aktuelle Situation mehr in den Fokus der Politik rücken um nur so können wir Veränderungen anstoßen. Das müssen wir alle zusammen laut machen!

Jeder Einsatz zählt, daher hoffe ich, dass eine große Summe zusammen gekommen ist!

Katrin

Ja, jaa! Danke für deine Worte. Schön, nicht allein zu sein. Das hilft auch so viel.

Carolin

Ich sage einfach mal ein großes DANKE! Danke für diesen Text, Deine bedachten Worte…ich habe in letzter Zeit so viel gelesen, aber Dein Text bringt es so sehr und so gut auf den Punkt! Wie Steffy oben sagt: Du bist Gold!
Vielen Dank!

Anna Goßmann

Liebe Silvia,
dein Text ist wirklich gut und deine Gedanken so wertvoll! Normalerweise bin ich nur „stille Besucherin“, aber heute ist es mir einfach mal ein Anliegen dir hier eine kleine Botschaft da zu lassen.
Bei Instagram habe ich deine Kerzen schon länger bewundert und war schon drauf und dran mir welche zu bestellen. Dein Text oben hat mir den letzten Anschubser gegeben und ich habe mein Vorhaben in die Tat umgesetzt.
Alles Liebe
Anna

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